Feldorientierte Regelung kleiner Gleichstrommotoren verhilft Drohnen zum Aufstieg
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2015-02-18
Bürstenlose Gleichstrommotoren (auch unter der Bezeichnung BLDC für „Brushless DC“ bekannt) finden bereits breite Anwendung in elektronischen Geräten wie Festplattenlaufwerken, Kühllüftern und DVD-Playern, weil sie über eine lange Lebensdauer verfügen, mit Gleichstrom betrieben werden können und relativ preiswert sind. Die Regelung der Drehzahl und des Drehmoments der BLDC-Motoren erfolgt zumeist durch MCUs, bei denen skalare Techniken zum Einsatz kommen.
Wir erleben gerade die Entstehung einer ganz neuen Anwendungsklasse, für die beispielhaft die im Freizeitbereich immer beliebteren voll flugfähigen Quadrokopter-Drohnen stehen. Diese Drohnen sind aber auch für zahlreiche kommerzielle Bereiche, z. B. Sicherheitsanwendungen, äußerst interessant. Besonders wichtig für derartige Anwendungen sind das dynamische Ansprechverhalten des Controllers und seine Fähigkeit, BLDCs sensorlos und stabil bei niedrigen Drehzahlen zu regeln.
Skalare Techniken sind jedoch für Anwendungen mit dynamisch wechselnden Lasten nicht präzise genug. Durch den Einsatz der feldorientierten Regelung (Field-oriented Control, FOC) lässt sich die Präzision erheblich steigern. Entsprechende Techniken finden heute vor allem in der Steuerung von High-End-AC-Industrieanlagen Anwendung. Durch die FOC-Implementierung können BLDCs die Präzisionssteuerung von Drohnen und anderen Hochleistungsanwendungen, z. B. medizinischen Robotern, Systemen mit kardanischer Aufhängung sowie autonomen Fahrzeugen, zu vernünftigen Kosten übernehmen.
In der Vergangenheit war das Konstruieren in dieser Produktklasse alles andere als eine leichte Aufgabe. Es setzte Erfahrungen mit FOC oder einer anderen erweiterten und anspruchsvollen Motorregelungstechnik, z. B. der direkten Drehmomentsteuerung (Direct Torque Control, DTC), sowie Kenntnisse in der Bedienung spezialisierter Softwareentwicklungssysteme voraus. Wenn bei der Anwendung auch noch auf die Kosten geachtet werden musste – etwa bei einer Drohne mit Überwachungskamera für einen möglichen Einsatz durch Strafverfolgungsbehörden – war die Auswahl der preiswerten BLDC-Motoren ebenfalls eine echte Herausforderung.
Feldorientierte Regelung (FOC)
Die herkömmliche Technik zur Regelung von BLDC-Motoren wird als Sechsstufen- oder Trapezsteuerung bezeichnet. Dabei wir der Stator in einem sechsstufigen Prozess angesteuert, der Schwankungen des erzeugten Drehmoments hervorruft. Jedes Wicklungspaar wird einzeln erregt, bis der Rotor die nächste Position erreicht. Dann wird der Motor zum nächsten Schritt kommutiert. Für sensorlose Anwendungen wird die in der Statorwicklung erzeugte Gegen-EMK oft zur Ermittlung der Rotorposition genutzt.
Das dynamische Ansprechverhalten der skalaren Regelung ist für Anwendungen ungeeignet, bei denen eine schnell wechselnde dynamische Last vorliegt. Deshalb hat sich die Vektorregelung in den vielfältigsten Anwendungen stärker durchgesetzt, sei es bei Haushaltsgroßgeräten mit Wechselstrommotoren wie Waschmaschinen oder bei batteriebetriebenen Produkten.
FOC zählt dabei zu den am häufigsten genutzten Verfahren der Vektorregelung. Dabei wird durch das Management der Statorwicklungen bewirkt, dass der Magnetfluss, der durch die Permamentmagneten des Rotors erzeugt wird, orthogonal zum Statorfeld gehalten wird.
FOC wurde ursprünglich zur Regelung von Dreiphasen-Wechselstrommotoren entwickelt. Da die Stromquelle für die BLDCs, die in kleinen, flugfähigen Drohnen eingesetzt werden, ein 21-V-Akku (Lithium-Polymer, fünfzellig) ist, müssen die elektronischen Komponenten ein Dreiphasen-Niederspannungs-Wechselrichtersystem enthalten. Andere Primärkomponenten sind ein Motortreiber, eine MCU und – vielleicht am wichtigsten – die Software zur Ausführung der FOC-Algorithmen.
Die FOC-Verarbeitung erfolgt in der Direct-Quadratur-Domäne (d-q), die ein rotierender Referenzrahmen ist. Die Direct- und Quadratur-Komponenten sind die Zerlegung des Fluss-Verknüpfungsstatusvektors in zwei Komponenten: die Fluss (d) und Drehmoment (q) erzeugenden Komponenten. Diese Beziehung ist in Abbildung 1 grafisch dargestellt. Der Strom in den Statorwicklungen des Motors wird so geregelt, dass der Magnetfluss, der durch die Permamentmagneten des Rotors erzeugt wird, orthogonal (90 ) zum Statorfeld gehalten wird. Zusätzlich zu einer präzisen Motorsteuerung sorgt dies auch für eine außergewöhnlich präzise Drehmomentregelung, was der echte Vorteil des Betriebs im d-q-Referenzrahmen ist.

Abbildung 1: Direct-Quadratur-Kraftkomponenten (d-c)
FOC zieht drei Domänentransformationen nach sich: (1) Die gemessenen Phasenströme in den Statoren werden von dem statischen 3-Phasen-Referenzrahmen in eine statische 2-Phasen-Referenz (α, β) transformiert. (2) Der statische 2-Phasen-Referenzrahmen wird in ein rotierendes 2-Phasen-Referenzsystem (d-q) transformiert, das am Rotormagnetfluss ausgerichtet ist. Und (3): Zur eigentlichen Ansteuerung des Motors werden die d-q-Komponenten wieder in den Stator-Referenzrahmen zurücktransformiert und für die Raumvektor-Impulsbreitenmodulation (Space-Vector Pulse-Width Modulation, SVPWM) verwendet. Dieser Prozess ist in Abbildung 2 grafisch dargestellt.

Abbildung 2: Zur FOR-Regelung erforderliche Domänentransformationen
Zur Ausrichtung des d-q-Referenzrahmens am Rotor sind detaillierte Rotorpositionsinformationen erforderlich. Die Techniken zur Schätzung der Rotorposition reichen von der relativ einfachen Gegen-EMK-Nulldurchgangserkennung bis hin zu komplexen Sliding Mode Observers und erweiterten Kalman-Filtern.
Ansteuern des Motors
Die Transformationen vom statischen 3-Phasen-Referenzrahmen in den 2-Phasen-d-q-Refernzrahmen führen zu den zuvor erwähnten Direct- und Quadratur-Komponenten. Die Direct-Komponente (d) bietet kein brauchbares Drehmoment und führt sogar tendenziell zum stärkeren Verschleiß der Motorlager. Ein Ziel besteht daher in der Minimierung dieser Komponente. Die Quadratur-Komponente (q) erzeugt das eigentliche Motordrehmoment und wird durch die Anwendung bestimmt.
Die d-q-Komponenten werden auf zwei PI-Controller (Proportional-Integral) mit Referenz zu null bzw. zur Anwendungsdrehmomenteinstellung angewendet, um eine Vektorausgabe zu erzeugen. Die Ausgabe der beiden PI-Controller sind die (neuen) Direct- und Quadratur-Spannungskomponenten des erforderlichen Statorspannungsraumvektors. Wie bereits erwähnt besteht der letzte Schritt in der Rücktransformierung der d-q-Komponenten in den Stator-Referenzrahmen, um den Motor tatsächlich anzusteuern.
Der hier beschriebene Prozess ist lediglich eine Zusammenfassung des FOC-Betriebs. Die Implementierung erfordert zahlreiche Zwischenschritte, die ziemlich kompliziert sind und den Rahmen dieses Artikels sprengen. Eine detaillierte FOC-Beschreibung mit direktem Bezug zu kleinen Drohnen-Flugobjekten ist in „High Performance Motor Control“ nachzulesen, einer Arbeit von Patrick Fisher von der Central Queensland University, Australien.1
Zu den erforderlichen Zwischenschritten zählen unter anderem:
- Ermitteln der Motormerkmale (BLDC-Motoren liefern auf dem Typenschild zumeist nicht viel mehr Angaben als die Zahl der Pole und die Nennwerte für Spannung und Strom)
- Schätzen der Rotorposition (entscheidende Informationen zur Implementierung der FOC-Regelung)
- Entwerfen eines geeigneten Leistungsregelungsschemas
- Entwerfen von Drehmoment- und Geschwindigkeitsreglern
Das Entwerfen eines vollständigen, funktionstüchtigen FOC-basierten Motorregelungssystems von Grund auf ist derart anspruchsvoll, dass Halbleiterfirmen, darunter Texas Instruments, Atmel und NXP Semiconductors, Entwicklungstools geschaffen haben, die einen Großteil der Komplexität aus dem Entwurfs- und Implementierungsprozess beseitigen und die FOC-Implementierung erleichtern. Die IC-Anbieter haben sich generell auch für einen Schutz ihres geistigen Eigentums entschieden, indem Sie die von den Entwicklungstools verwendeten Softwarebibliotheken im ROM speichern und diese nur auf ausgewählten MCUs verfügbar machen.
So ist beispielsweise die InstaSPIN-FOC-Lösung von Texas Instruments nur in drei Varianten der TI C2000 Piccolo 32-Bit MCU-Serie verfügbar: F2806x, F2805x und F2802x. Für Kleindrohnen-Anwendungen, bei denen die Kosten eine entscheidende Rolle spielen, sind die am besten geeigneten MCUs Mitglieder der F2802x-MCU-Serie, wobei der am häufigsten eingesetzte Baustein der TMS320F28027FPTT ist.
Wie bereits erwähnt hängt eine präzise Motorregelung davon ab, wie genau der Motor modelliert werden kann. InstaSPIN-FOC enthält einen proprietären Softwarealgorithmus. Dieser wird als „Observer“ bezeichnet und dient der Schätzung von Magnetfluss, Winkel, Drehzahl und Drehmoment – kurz: FAST für Flux, Angle, Speed und Torque – des Rotors. InstaSPIN-FOC bietet auch eine Motorparameter-Identifizierung. Sie ermöglicht einerseits die Extrahierung der notwendigen Leistungsparameter offline während der Entwicklung und andererseits die Nachverfolgung der Parameter online beim Betrieb.
Die Motorparameterdaten werden zur Optimierung der Stromregelungsbandbreite verwendet. Im Unterschied zu anderen Techniken ist der FAST-Observer von TI vollständig selbstoptimierend und erfordert keinerlei Anpassungen für den ordnungsgemäßen Betrieb. Laut Aussagen von TI ist dies die einzige robuste und „sofort“ betriebsfähige sensorlose FOC-Lösung auf dem Markt.
Somit stehen Entwicklern innerhalb weniger Minuten ein voll optimierter sensorloser Observer und ein voll optimiertes und stabiles FOC-Drehmomentregelsystem zur Verfügung. Bei einer Anwendung wie der Propellerregelung bleibt dem Entwickler nun nur noch die Aufgabe, einen einzigen PI-Drehzahlregelkreis für die gewünschten Leistungs- und Betriebsparameter zu testen und zu optimieren.
Abbildung 3 zeigt den schematischen Aufbau des grundlegenden Ansteuerungssystems. Der Ausgang des Geschwindigkeits-PI-Controllers geht als Eingangsreferenzsignal in den PI-Strom-Controller. Wenn die Geschwindigkeit zu niedrig ist, wird der Motorstrom erhöht, um ein höheres Drehmoment zu erzeugen und ihn zu beschleunigen. Wenn dagegen der Motor zu schnell läuft, wird das Motordrehmoment abgesenkt, um den Motor zu verlangsamen. Gemeinsam bilden diese beiden PI-Controller einen kaskadierten Regelkreis, also ein Regelsystem, das aus einem äußeren Kreis und einem oder mehreren inneren Kreisen besteht. (Die Variablen Kc, Kd, Ka und Kb in der Abbildung entsprechen den durch die Motorregelsoftware erzeugten Koeffizienten.)

Abbildung 3: Geschwindigkeitsregelung mit kaskadierter Stromregelung (mit Genehmigung von Texas Instruments)
Hauptkomponenten
Neben der MCU sollten noch einige andere Hauptkomponenten erwähnt werden. Ein dreiphasiges Treiber- und Wechselrichtersystem ist erforderlich. Für Niederstromanwendungen wie die Drohnen mit geringem Drehmoment kann dazu ein Baustein von TI aus der DRV83x2-Familie der integrierten Dreiphasen-Motortreiber (wie dem DRV8332DKDR) verwendet werden. Die DRV83x2-Serie enthält erweiterte Schutzschaltungen zur Vereinfachung der Systemintegration und für mehr Benutzerfreundlichkeit. Außerdem schützen diese Schaltungen den Baustein vor dauerhaftem Ausfall infolge unterschiedlichster Fehlerbedingungen wie Kurzschluss, Überstrom, Übertemperatur und Unterspannung.
Für höherstromige Systeme, die eventuell in kommerziellen Anwendungen Einsatz finden, müssen ein eigenständiger Vortreiber wie der DRV8301DCAR sowie individuelle FETs in einer Dreiphasen-Wechselrichterkonfiguration eingesetzt werden. Ein Beispiel hierfür wäre der CSD18533Q5A NexFET Power MOSFET von TI.
Die Entwicklungssoftware hat entscheidenden Anteil am Erfolg von FOC-basierten Motorregelungsanwendungen. TI hat hierzu mit BoosterPack BOOSTXL-DRV8301 eine ganze Suite entwickelt, zu der auch Entwicklungssoftware zur Motoransteuerung gehört. Sie ist zumeist die beste Wahl bei 6 bis 24 V und bis maximal 10 A Dauerstrom. Dazu ist eine Steuerplatine wie das C2000 Piccolo TMS320F28027F LaunchPad mit InstaSPIN-FOC – z. B. LAUNCHXL-F28027F – erforderlich. Für Motoren mit maximal 3,5 A Dauerstrom eignet sich das DRV8312-69M-KIT zumeist besser.
Das TI-Produktangebot scheint im Gegensatz zu dem anderer Anbieter mehr auf Niederspannungsanwendungen mit geringem Drehmoment abgestimmt zu sein, wobei nur wenige Anbieter gleichzeitig auch Entwicklungskits zur Motorregelung anbieten. NXP Semiconductors bietet ein Entwicklungskit zur Motorreglung von BLDCs an. Das OM13068 LPC1549 LPCXpresso Motorsteuerungskit wird in Verbindung mit der MCU LPC1549JBD48QL desselben Herstellers eingesetzt. Diese Plattform kann auch zur Steuerung von BLDC-, BLAC-, Schritt- und Doppelbürsten-Gleichstrommotoren genutzt werden.
Unter Leistungsaspekten kann das Design, bei dem diese Komponenten genutzt werden, mit handelsüblichen Motorsteuerungen für kleine BLDC-Motoren verglichen werden. Der deutlichste Unterschied zwischen dem benutzerspezifischen FOC-Controller und den kommerziellen Steuerungen wie dem Plush 40-Baustein ist dessen Fähigkeit zur Kommutation bei sehr niedrigen Drehzahlen. Der FOC-Controller kann alle vier Motoren bei Drehzahlen von etwa 100 U/min steuern. Außerdem entwickeln die Motoren beim Einsatz des InstaSPIN-Drehzahlregelkreises bei diesen geringen Umdrehungszahlen ein erhebliches Drehmoment.
Die benutzerspezifische FOC-Platine ermöglicht auch ein schnelleres Erreichen der Motor-Höchstdrehzahl als die handelsüblichen Steuerungen. Im Durchschnitt ist der benutzerspezifische FOC-Controller 35 Prozent schneller beim Wechsel eines Motors zwischen null und voller Drehzahl. Außerdem ist die unbelastete Drehzahl jedes Motors unter FOC-Steuerung höher als bei jeder der getesteten handelsüblichen Steuerungen.1
Fazit
Eine neue Klasse von Motorsteuerungsanwendungen ist im Entstehen begriffen, die ein herausragendes dynamisches Ansprechverhalten von kleinen BLDC-Motoren erfordern. Zu diesen Anwendungen zählen medizinische Roboter, Systeme mit kardanischer Aufhängung, autonome Fahrzeuge sowie kleine, voll flugfähige Drohnen. Für Wechselstrommotoren in Industrieanlagen und Haushaltsgroßgeräten wurden zwar schon seit Jahrzehnten FOC-Motorregelungstechniken eingesetzt, nicht jedoch für kleine akkubetriebene Motoren, weil diese Techniken kompliziert sind und Hochleistungs-MCUs voraussetzen. Seit einigen Jahren sind jedoch neue Produkte verfügbar, mit denen diese Regelungstechnik auch für die genannten neuartigen Anwendungen eine reale Option ist.
Weitere Informationen zu den in diesem Artikel beschriebenen Produkten finden Sie über die bereitgestellten Links zu den Produktseiten auf der Digi-Key-Website.
Referenzen:- „High Performance Motor Control“ eine Arbeit von Patrick Fisher von der Central Queensland University, Australien.
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